Das neue Wohngebiet Westring in Seligenstadt – Rede

In der Seligenstädter Stadtverordnetenversammlung stand am 2.11.2021 der Tagesordnungspunkt „Bebauungsplan Nr. 86 „Südwestlich des Westrings“, Abwägung und erneute öffentliche Auslegung des Bebauungsplanentwurfs“.

Den ehrenamtlichen Stadtverordneten wurde 14 Tage Zeit gegeben, um die über 600 Seiten Unterlagen zu lesen und Fragen im Bau-Ausschuss zu stellen. Ein unmögliches Unterfangen. Alle drei Oppositionsfraktionen SPD, Bündnis90/Grüne und FWS stimmten dafür, den Antrag eine Sitzungsrunde zu schieben, um Zeit für eine gewissenhafte Bearbeitung zu haben. Dies wurde von schwarz-gelb abgelehnt und der Antrag wurde durchgepeitscht. Aus Protest haben die Grünen die Versammlung verlassen. Eine der Koalitions-Attacke angemessene Reaktion.

Neben diesem „Neuen Miteinander“ (wie es die CDU letzt plakatierte), von dem sich nun jeder selbst ein Bild machen kann, steht der Verdacht im Raum, dass es seitens des Rathauses (der Verwaltungsbehörde) bedenkliche Verfahrensfehler gab.

Abgesehen davon, gehen die neuen Planungen inhaltlich und strukturell völlig am Bedarf der Seligenstädter Bevölkerung vorbei.

Daher hat die SPD-Fraktion gegen den Plan gestimmt.

Meine zugehörige Rede dazu können Sie im Folgenden lesen:

Rede in der Stadtverordnetenversammlung vom 2.11.2021

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen ein Drama, das sie alle kennen, noch etwas plastischer erzählen.

Im Dezember letzten Jahres haben wir über den Westring debattiert und ich habe den Plan mit einer Dichte von 42 Wohneinheiten pro Hektar als ausgewogen beschrieben. Der Antrag der CDU die Zahl der Wohneinheiten zu verringern wurde explizit abgelehnt. Damals sprach die CDU von einem „Monster-Wohngebiet“.

Im zweiten Akt hat sich die Verwaltung Monate lang damit beschäftigt und uns schließlich 600 Seiten vorgelegt. Unlesbar in zwei Wochen.
Mehrfamilienhäuser sind Einfamilienhäuser gewichen. Wir haben Baufachleute gefragt, sie sagen so ein Einfamilienhaus kostet über eine Million Euro.
Damit ist das „Monster-Wohngebiet“ zum Millionärswohngebiet geworden.

Im Bau-Ausschuss, dem dritten Akt, sagte der externe Planer auf Tonband, diese Änderung sei auf Wunsch der Koalition eingeflossen, durch die Verwaltung.
Dies steht entgegen des jetzt, bis in diese Minuten geltenden Stadtverordnetenbeschlusses!

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich mache jetzt schon etwas länger Politik. Nachdem ich dieses Spiel erlebt habe, ist mir schlagartig wieder klar geworden, worauf es wirklich ankommt.

  • Es ist eine Frage der Haltung, ob ich den Seligenstädterinnen und Seligenstädtern ein bezahlbares Dach über dem Kopf ermögliche oder Häuser für Millionäre baue.
  • Es ist eine Frage der Haltung, ob ich Stadtverordnetenbeschlüsse achte oder eigenmächtig als eine reine Verwaltungsbehörde Pläne abändere.
  • Es ist eine Frage der Haltung ob ich als Stadtverordneter gewissenhaft arbeite und dies auch der Opposition ermögliche.

Und zuletzt ist es eine Frage des Respekts gegenüber allen Menschen in Seligenstadt, ob ich ihnen zuhöre oder alle Einwendungen in die Tonne trete.

Über diese Haltung fordere ich eine namentliche Abstimmung. Wir beantragen über beide Anträge namentlich abzustimmen.
So erhalten Sie die Chance, Haltung zu beweisen.


In namentlicher Abstimmung stimmten sämtliche Stadtverordnete der CDU und FDP dem Antrag zu entgegen des Votums aller anderen Stadtverordneten.


Die zugehörigen Unterlagen (B-Plan, Anträge, Anlagen) sind öffentlich:
ratsinfoservice.de/ris/seligenstadt/agendaitem/details/6373